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Am Rathaus
45468 Mülheim an der Ruhr

Sport

Die Mülheimer Sportgeschichte ist verbunden mit einer Vielzahl von bekannten Sportlern, großen Erfolgen und kleinen Anekdoten, die auch alten Mülheimern vielleicht nicht immer bekannt sind. Es ist leider nicht möglich, an dieser Stelle eine komplette Übersicht über all jene Persönlichkeiten und Begebenheiten zu geben, aber es soll eine Geschichte über den Handballsport und seine Sportler und Funktionäre stellvertretend Zeugnis darüber ablegen, was sich im Laufe der letzen 100 Jahre in Mülheim im und rund um den Sport ereignet hat.

Bild vom Hockey-Länderspiel Deutschland gegen Pakistan im RuhrstadionBild vom Hockey-Länderspiel Deutschland gegen Pakistan im Ruhrstadion

Im Jahre 1936 gewinnt Edgar Reinhard in Berlin die bis heute einzige Goldmedaille bei Olympischen Spielen mit der deutschen Handball Nationalmannschaft. Das Spiel gegen Österreich gilt mit 100.000 (!) Besuchern als jenes mit den meisten Zuschauern bei einem Handballspiel. Im Turnier erzielt Reinhardt in zwei Spielen vier Tore.

Olympia 1936Olympia 1936

Zu diesen Zeitpunkt findet Handball nicht in der Halle, sondern auf dem Feld statt. Gespielt wird auf einem fußballfeldgroßen Sportplatz mit elf gegen elf Spieler auf Tore mit den heute noch im Fußball gültigen Maßen 7,32 m x 2,44 m. Dies ist mit diversen Regeländerungen bis Mitte der 60er-Jahre so, bis es zu immer größeren Konflikten zwischen Großfeldhandball, dem Kleinfeldhandball – de facto nach den Regeln des Hallenhandballs, allerdings auf dem Feld – und dem Hallenhandball kommt. Die Gründe für den Niedergang des Feldhandballs sind vielfältig begründbar. Die Abhängigkeit vom mitteleuropäischen Wetter, die höhere Spielgeschwindigkeit auf kleinem Feld in der Halle, die bessere und qualitativ immer gleiche Bodenbeschaffenheit und letztendlich 1965 die Entscheidung des IOC, bei den Olympischen Sommerspielen 1972 in München nur Hallenhandball ins Programm aufzunehmen. Das letzte Endspiel um die Deutsche Feldhandballmeisterschaft findet 1975 statt.

Styrumer und Mellinghofer TV, sowie Turn- und Sportverein Broich 85 sind 1922 die Gründer der Mülheimer Handballgeschichte. Aufgrund fehlender Zeitzeugen ist jedoch nicht mehr exakt zu ermitteln, welcher dieser drei Vereine tatsächlich die erste Handballabteilung ins Leben ruft. Edgar Reinhard ist zu diesem Zeitpunkt acht Jahre alt und betreibt beim Styrumer Turnverein Leichtathletik. Erst später wechselt er innerhalb des Vereins zur Handballabteilung und nach einem kurzen Zwischenspiel beim Polizeisportverein Mülheim kommt er 1932 zum RSV Mülheim, wo er nach zwei Jahren als Außenstürmer vom Vorläufer des heutigen Deutschen Handballbundes mit 18 Jahren in die Nationalmannschaft berufen wird.

Der RSV Mülheim ist es auch, der die wohl größten nationalen Erfolge im Feldhandball für Mülheim erringen kann. 1947 wird der RSV erster deutscher Meister im Feldhandball nach dem Krieg. Die Endrunde wird als Interzonenmeisterschaft zwischen dem britischen, dem amerikanischen und dem Sektor West-Berlin ausgetragen. Jede dieser Besatzungszonen ermittelt in einer zoneninternen Ausscheidung einen Sieger, der dann im Niederrheinstadion Oberhausen in drei Spielen zum Kampf um die deutsche Meisterschaft antritt. Der RSV gewinnt seine beiden Spiele gegen den SG Spandau-Neustadt (17:7) und SV Waldhof Mannheim (8:6) mit 25:13 Toren und wird am 3. August 1947 vor 35.000 Zuschauern deutscher Meister.

Die Aufstellung der Meistermannschaft von 1947 lautet wie folgt:

Hesselmann (Tor) - Linnenschmidt, Schlemmer, Scheifhaken, Heidemann (2), Holtkamp, Dreier (2), Will, Andermahr, Menkhoff (4), Wetzel - Trainer: Paul Kosmalla und Arthur van der Straeten

Zwei Jahre später wiederholt der RSV den Erfolg und triumphiert 1949 erneut. Mittlerweile ist der Feldhandball in vier Regionalverbänden in Westdeutschland organisiert und es handelt sich somit um keine Interzonenmeisterschaft mehr. Die Endrunde findet in einem Modus mit Viertelfinale, Halbfinale und Finale mit acht Mannschaften statt. Der RSV gewinnt alle drei Spiele, gegen den 1. FC Nürnberg (8:3), den TuS 04 Rheinhausen (8:6 nach doppelter Verlängerung und einem Wiederholungsspiel in Duisburg) und den SV Polizei Hamburg (7:6 nach Verlängerung) und wird am 26. September 1949 zum zweiten Mal deutscher Meister im Feldhandball. In einem Triumphzug ziehen sie umjubelt von Tausenden durch die Stadt. Selbst die Ansage am Bahnhof

Eppinghofen wird geändert in: „Hier ist Mülheim-Ruhr, die Stadt des neuen deutschen Handballmeisters.“

Die Aufstellung der Meistermannschaft von 1949 lautet wie folgt:

Hesselmann (Tor) – Linnenschmid, Holtkamp, Heidemann, Schlemmer, Krause, Giesen (1), Andermahr (1), Will (1), Menkhoff (4) - Trainer: Paul Kosmalla und Arthur van der Straeten

Edgar Reinhard lebt zu diesem Zeitpunkt aus beruflichen Gründen in Heidelberg, wo er bereits seine Studienjahre verbringt und der Heidelberger Universitätsmannschaft im Basketball (!) mehrere deutsche Meisterschaften sichert. Er ist Zeit seines Lebens ein sehr aktiver und vielseitiger Sportler. Er gewinnt bereits als 17-Jähriger mehrere Kreis- und Bezirksmeisterschaften in der Leichtathletik, wird bayerischer Meister im Zehnkampf und im Diskuswurf und erringt mit der Turngemeinschaft Heidelberg noch zwei deutsche Meistertitel im Basketball. Edgar Reinhard stirbt am 11. Januar 1985 im Alter von 70 Jahren in Heidelberg.

Die Meisterschaften im Feldhandball werden bis 1949 vom Deutschen Arbeitsausschuss für Handball (DAH) ausgerichtet, bis es am 1. Oktober 1949 zur Gründung des Deutschen Handballbundes (DHB) in der Stadthalle in Mülheim an der Ruhr kommt. Willi Daume wird zum ersten Präsidenten und Paul Kosmalla, nach dem eine Straße in Heißen benannt wird, in den Spielausschuss gewählt. Willi Linnenschmidt fungiert als Schriftführer der Gründungsversammlung. Zum Geschäftsführer wird ein gewisser Wim Thölke ernannt, den viele Deutsche aus den Kultsendungen „Das Aktuelle Sportstudio“ und vor allem „Der Große Preis“ kennen. Er wird am 9. Mai 1927 in der Schumannstraße 18 in Speldorf als Georg Heinrich Wilhelm Thoelke geboren. Dem 2. Weltkrieg geschuldet muss Wim Thoelke die Schule verlassen und wird 1942 zum Arbeitsdienst eingezogen. Sein 1948 in Köln begonnenes Sportstudium bricht er ab und folgt dem Ruf Willi Daumes. Er bleibt sieben Jahre lang Geschäftsführer des Deutschen Handballbundes. Wim Thoelke stirbt am 26. November 1995 in Niedernhausen im Taunus.

Quellen: